Nordöstlich von Oberlind steht auf einer Anhöhe an der alten Straße nach Vohenstrauß die Kalvarienbergkapelle. Gerne und häufig besuchen andächtige
Wallfahrer heute wieder das Gotteshaus, aber die älteren Einwohner von Lind können sich noch an die alten Wallfahrten erinnern. Die Hauptwallfahrt fand immer am "Schmerzensfreitag" statt, dem
Freitag vor dem Palmsonntag. An diesem Tag, einem typischen Beichtkonkurstag, wurden vormittags zwei Gottesdienste in der Kapelle gehalten und zwar eine Messe um 7.30 Uhr und dann ein Amt um 9.00
Uhr. Während dieser Zeit war Beichtgelegenheit gegeben. In den Dreißiger Jahren sind diese Wallfahrten eingegangen.
Die Umstände, die die Wallfahrt zur "Schmerzhaften Mutter Gottes" auf dem Kalvarienberg auslösten, liegen im Dunkel der Geschichte. Wie so oft, wenn historische Tatsachen nicht mehr genannt
werden können, hat sich die Sage der Vergangenheit angenommen. So heißt es von einer Erweiterung der Kalvarienbergkapelle: "Es war im Jahre 1777. Da fuhr eines Tages ein Graf aus Böhmen über die
Grenze nach Bayern heraus. Plötzlich scheuten die Pferde und gingen durch. In rasendem Galopp durchmaßen sie eine große Strecke. Der Graf und sein Kutscher gaben sich bereits verloren. Plötzlich
hielten die Pferde an. Erstaunt blickte der gerettete Graf um sich. Da sah er in nächster Nähe eine Kapelle. Er schickte den Kutscher hin und ließ fragen, welchem Heiligen die Kapelle geweiht
sei. Die Antwort lautete: "Der Schmerzhaften Mutter Gottes." Aus Dankbarkeit ließ nun der Graf die Kapelle zum Kirchlein erweitern.
Unsere historischen Kenntnisse von der Erbauung der Kapelle reichen freilich noch etwas weiter in die Vergangenheit zurück. So erlaubte am 8.8.1716 das Domkapitel zu Regensburg dem damaligen
Provisor der Pfarrei Vohenstrauß, die "neu erpaute Capellen auf dem sogenanten Calvari Berg bei Lindt simplius zu benedicieren nach Anweisung deß Rituals". In dieser neu erbauten Kapelle wurden
von den Vohenstraußer Kapuzinern Votivmessen gelesen. Bald aber begann sich eine große Wallfahrt zu dem in der Kapelle aufgestellten Bilde der Schmerzhaften Mutter Gottes zu entwickeln, so dass
die alte Kapelle die große Zahl an Wallfahrern nicht mehr fassen konnte. So sah sich der für Oberlind zuständige Pfleger von Tännesberg-Treswitz , Franz Christoph Reisner von Lichtenstern auf
Altenweiher, auf Bitten des Vohenstraußer Provisors P. Benedictus veranlasst, am 21.6.1736 bei der Regierung in Amberg um die Erweiterung der alten Kapelle einzukommen. Allerdings hatte die
Regierung in Amberg einige Bedenken anzumelden. So stand die alte Kapelle zwar auf dem Territorium des Pflegeamts Tännesberg, aber der Besitzer des Grundstücks, auf dem die Kapelle stand, war ein
Untertan des Pfalzgrafen von Sulzbach. Auch wurde der erste eingereichte Erweite-rungsplan verworfen. Dieser sah einen an die alte Kapelle angebauten Kirchenraum vor, dessen Grundriss aus einem
Ring von drei Ovalen bestand. Erst nach einem Vergleich mit dem Grundstückseigentümer und einer Änderung des Bauplanes wurde am 22.5.1737 die Erlaubnis zum Anbau seitens der Regierung gegeben.
Nach Ausweisung des neuen Bauplanes entstand die Kalvarienbergkapelle bereits damals in ihrer heutigen Größe, d.h. an die alte Kapelle, die nun als Presbyterium diente, wurde ein quadratischer
Anbau gefügt.
Doch scheint die neue Kapelle nicht sehr dauerhaft gewesen zu sein, denn im Jahre 1775 erfolgte wiederum ein Neubau, allerdings unter Verwendung alter Bauteile. So kann man in einem
Weihwasserkessel heute noch die Jahreszahl 1734 lesen. Er muss also noch aus der alten Kapelle stammen.
Seit dem Jahre 1775 hat das Kalvarienbergkirchlein fast keine baulichen Veränderungen mehr erfahren. Im Jahre 1904 wurde noch eine kleine Grotte angebaut, die die Erscheinung der Mutter Gottes in
Lourdes zeigt. Die Weihe dieser Grotte nahm der 1. Prior des Augustinerklosters Pleystein, P. Marian, vor.
Links vor der Grotte wurden im Zuge der vorletzten Renovierung der Kapelle zwei Grabsteine an die Wand des Gotteshauses gemauert, die früher im Pflaster des Kircheninneren lagen. Ihre
abgetretenen Inschriften erinnern an zwei Vohenstraußer Kapuzinerpatres, die im Presbyterium der Kapelle begraben liegen. Die Inschrift des größeren Grabsteins lautet "Sepultura P. Capucinorum in
Vohenstraus. Obit V. P. Basilius von Koppenwalt Capuci [...] Ao 1791. Die 27 M. lan. Requiescat in pace." Die beiden Grabplatten erinnern also an Pater Basilius aus Koppenwald (gest. 1760) und an
Pater Gratian aus Schwandorf (gest. 1791).
Der Kreuzweg, der von Oberlind zur Kalvarienbergkirche führt, wurde 1929 durch den Franziskanerpater Harduin von Pfreimd geweiht. Damit war ein längst gehegter Wunsch der Linder in Erfüllung
gegangen.
Der 2. Weltkrieg forderte auch von der Kalvarienbergkapelle ihre Opfer. Am 8.4.1942 kamen Handwerker und nahmen die beiden Glocken ab, die einst nach dem großen Vohenstraußer Brandunglück von
1763 von Frau von Schwesinger in Ströbl den Vohenstraußern geschenkt worden waren und die später in den Dachreiter der Kapelle kamen. Am selben Tag wurde auch die große Glocke der Thomaskirche in
Oberlind abgenommen.
Heute ist es stiller geworden um die alte Wallfahrtsstätte. Nur noch manchmal am 25. April, dem Markustag, am vorletzten Tag vor Christi Himmelfahrt, dem 2. Bitttag und am Tage vor Christi
Himmelfahrt, dem 3. Bitttag, führt eine Bittprozession die Gläubigen der Pfarrei Vohenstrauß zum Kalvarienbergkirchlein. Aber trotzdem ist das kleine Heiligtum ein Zeugnis des Glaubens unserer
Vorfahren und eine Erinnerung an das Barockzeitalter, das unserer bayerischen Heimat seinen unverkennbaren Stempel aufgedrückt hat.
In den Jahren1990 bis 1994 hat die kleine Filial-Gemeinde Oberlind, sie zählt nur etwa 400 Gemeindemitglieder, diese Wallfahrtskirche sehr gründlich und mit geradezu unbeschreiblich großem
persönlichen Einsatz innen und außen renoviert. Dabei wurde sie auch etwas reicher ausgestattet (Altarbilder von Maria und Josef, Kreuzwegstationen und Apostelleuchter). Außerdem wurde der kleine
Turm in neuer achteckiger Form weiter rückwärts auf den Sattel des neuen Biberschwanzdaches versetzt. So verbindet sich mit dieser erfreulich gut gelungenen Renovierung auch die Hoffnung, dass
wieder mehr Besucher und Beter zu diesem Kirchlein kommen und gerne hier an diesem landschaftlich besonderen Platz verweilen und sich zum Beten in all den vielen schmerzlichen Anliegen der
Menschen und Völker von heute einladen und anregen lassen.
Dieser besondere und historische Platz und das einladende Kirchlein mag manchen so gut gefallen, dass sie hierin auch einen geeigneten Platz erkennen, an dem sie heiraten möchten.
Zum freudigen Abschluss der Kirchenrenovierung auf dem Kalvarienberg fand am 5. Juni 1994 das "1. Lindta Bergfest" statt, das nun in dankbarer Erinnerung jährlich wiederholt wird. Die Katholische
Pfarrgemeinde Oberlind hat zu Ehren von Professor Dr. Dr. Josef Schmucker in der Kalvarienbergkirche einen Gedenkstein gesetzt, der im Rahmen eines feierlichen Gottesdienstes am 25. Juli 1999 von
Stadtpfarrer Franz Winklmann im Beisein von Missionar Pater Georg Messer mit folgender Widmung enthüllt. wurde:
"In ehrendem Gedenken und in großer Dankbarkeit dem besonderen Freund und Wohltäter dieser Wallfahrtskirche gewidmet. / H. Herrn Prälat Professor / Dr. Dr. Josef Schmucker / geboren am 27. März 1910 in Unterlind / zum Priester geweiht am 31. Oktober 1937 in Rom / 1950 - 1975 Professor an der Phil.-Theol. Hochschule und Universität in Regensburg / als Seelsorger seit 1957 in Oberlind / gestorben am 18. November 1997"
Kalvarienbergkapelle bei Oberlind - Marienkapelle in Obertresenfeld - Feldkapelle bei
Untertresenfeld - Dorfkapelle in Braunetsrieth - Dorfkapelle in Erpetshof - Wegkapelle zu
Fiedlbühl -
Dorfkreuz und Glockenturm in Obernankau - Kapelle St. Joseph beim Kath. Pfarrhof Vohenstrauß -
Kapelle im Caritas Alten- und Pflegeheim Vohenstrauß - Wallfahrtskirche Sankt Jodok in Tännesberg