Katholische Kirche "St. Thomas" in Oberlind

(Quelle: Streifzüge 22/2000 - Dr. Volker Wappmann)

 

Was wäre Oberlind ohne sein Gotteshaus? Schon der dicke Kirchturm mit seiner seltsam geformten Schindeldachhaube (wurde mittlerweile durch ein Ziegeldach ersetzt) verleiht dem Ortsbild eine unverkennbare Eigenart. Würde man sich ihn aus Oberlind wegdenken, so wäre das Dorf vom Aussehen her kaum von anderen zu unterscheiden. So aber überragt ein Gotteshaus die Bauernhöfe und Häuser und kündet noch von der alten Zeit, in der es einmal eine Pfarrei Oberlind gegeben hat.

 

Wann die Pfarrei gegründet wurde, kann nicht mehr genau festgestellt werden. Ein Verzeichnis der Oberpfälzer Pfarreien aus dem Jahre 1326 erwähnt Oberlind noch nicht, während ein weiteres Verzeichnis, das etwa 1350 verfasst wurde, bereits die Pfarrei "Linden" anführt. Die Gründung muss also zwischen 1326 und 1350 erfolgt sein. Verantwortlich dafür waren die Herren von Paulsdorff, die auf den beiden Tännesberger Burgen wohnten und große Besitzungen im Umland, darunter auch Oberlind hatten. Auch die Wahl des Kirchenpatrons, des hl. Apostels Thomas, geht wahrscheinlich auf die Paulsdorffer zurück. Schon Ende des 14. Jahrhunderts mussten die Paulsdorffer ihre Besitzungen in und um Tännesberg an die Pfalzgrafen bei Rhein verkaufen. Karl von Paulsdorff und seine Ehefrau Benigna, die auf dem Oberen Haus der Tännesberger Burg wohnten, verkauften 1394 ihre Anteile an der Herrschaft Tännesberg mit dem Patronatsrecht von Lind an den Pfalzgrafen Rupprecht bei Rhein. So wechselte mit dem Übergang von Tännesberg an die Pfalz auch die Pfarrei Lind ihren Patronatsherrn. In einem Auszug aus einem Salbuch aus dem Jahr 1540 heißt es dementsprechend von Oberlind: "Item die Pfarr daselbst rürt von der hochloblichen Chur Ober Pfalz bey Rhein zu Lehen, und gehört der einsaz berihrter Pfarr der Herschaft Tenneßberg zu, und heißt ieziger Pfarrer Herr Geörg Stepeckh". Pfarrer Stepecks Patronsherr, Pfalzgraf und Kurzfürst Ludwig V. bei Rhein, war noch Anhänger der katholischen Religion, erst Pfalzgraf Ottheinrich machte im Jahre 1556 die lutherische Lehre für alle Untertanen, somit auch für Oberlind, verbindlich. Kurfürst Friedrich III. hingegen wandte sich der Lehre Calvins zu und ließ durch die kurzfürstlichen Beamten auch in Oberlind die Thomaskirche ausräumen und den Taufstein auf den Friedhof werfen. 

Der Nachfolger des Kurfürsten Friedrich III., Kurfürst Ludwig VI., war wiederum lutherisch und versuchte durch eine große oberpfälzische Landesvisitation in den Jahren 1581/82, das Luthertum in der Oberpfalz zu stärken.

Das uns erhaltene Visitationsprotokoll gibt interessante Aufschlüsse über den damaligen Zustand der Pfarrei Oberlind, der nicht gerade der beste war. So werden die Kirchen und das Pfarrhaus als baufällig bezeichnet; die Mauern um den Kirchhof gehen alle ein. Ein Altar ist gerade noch vorhanden: der Taufstein liegt auf dem Friedhof, so dass der Pfarrer das ganze Jahr hindurch in seinem Pfarrhof aus einer zinnernen Schüssel tauft. Kirchenregister sind keine vorhanden - der Vorgänger des damaligen Pfarrers hatte sie nach Pleystein mitgenommen.

Kurfürst Ludwigs VI. Versuch, das Luthertum in der Oberpfalz wieder einzuführen, scheiterte an seinem frühen Tod.

Seine Nachfolger waren wiederum Anhänger der kalvinistischen Lehre und so zogen in Oberlind wiederum Pfarrer dieses Bekenntnisses auf. Als im Jahre 1625 mit dem Anfall der Oberpfalz an Bayern die katholische Religion wieder eingeführt wurde, war die Pfarrei Oberlind aber nicht mehr besetzt.

Eine geordnete Seelsorge gab es erst wieder, als der 1657 in Vohenstrauß eingezogene Kapuzinerorden die Pfarrei Oberlind mit übernahm. Jedoch wurde die Pfarrei Oberlind nicht mehr mit einem Weltpriester besetzt, so dass die kalvinistischen Geistlichen als letzte Pfarrer von Oberlind gelten müssen.

 

Ende des 18. Jahrhunderts wurde die Pfarrkirche St. Thomas derart baufällig, dass seit 1781 keine Gottesdienste mehr darin gehalten werden konnten. Der Kirchturm neigte sich bereits zum Einsturz, so dass die Glocken herab genommen werden mussten. Auch war das Gewölbe über dem Hochaltar, der wie heute im Turm stand, zersprungen. Nicht besser sah es mit dem Langhaus aus, dem der völlige Einsturz drohte.

Die Gottesdienste wurden in der Kalvarienbergkirche gehalten. Erst nachdem die Finanzierung gesichert war, indem die Dorfgemeinde Oberlind 100 fl beibrachte und die restlichen 600 fl von den Gotteshäusern im Amt Tännesberg-Treswitz entliehen wurden, konnte 1793 mit der Reparierung begonnen werden.

Der Turm wurde damals teilweise abgetragen und neu aufgebaut, ebenso wurden das Langhausgewölbe und der Westgiebel heruntergeschlagen. Dicke Stützpfeiler wurden angebaut, um ein Auseinanderbrechen des Mauerwerks zu verhindern. 

Am 05.08.1795 konnte Pater Franz de Paula die Vollendung der Renovierungsarbeiten der Regierung anzeigen. Seit dieser Zeit hat die Thomaskirche keine großen Veränderungen mehr erfahren.

Die Kapuziner wirkten danach nicht mehr lange in Oberlind. Im Jahre 1802 wurde ihre Niederlassung in Vohenstrauß durch den Staat aufgehoben. Stattdessen zog in Vohenstrauß ein Weltpriester auf, der zusammen mit einem Kooperator die Pfarrei Vohenstrauß versah. Oberlind kam dabei schlecht weg - so wurden von 1802 an bis August 1815 nur mehr neun ordentliche Gottesdienste in Oberlind gehalten, seit 1815 dann gar keine mehr.

 

Auch auf Wiedererrichtung der Pfarrei und somit Unabhängigkeit von Vohenstrauß zielten die Bemühungen der Linder. Doch waren alle diese Ansätze zur Erfolglosigkeit verurteilt. Immerhin konnte der Gottesdienst vertraglich geregelt werden. Ein regelmäßiger Gottesdienst fand zwar in der Thomaskirche nicht mehr statt, doch wurden wenigstens an bestimmten Sonn- und Feiertagen Gottesdienste gehalten, so u. a. am Weißen Sonntag (Erstkommunion), am Thomasfest und am Sonntag nach Fronleichnam. Am Pfingstmontag fand ein Flurumgang statt. Auch wurde jedes Mal, wenn der Kooperator in der Oberlinder Schule Religionsunter-richt hielt, auch ein Schulgottesdienst gefeiert.

Weiterhin konnten die Linder auch ihre Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen in der Thomaskirche feiern. Die Gottesdienste wurden allesamt von dem jeweiligen Vohenstraußer Kooperator gehalten. Auch heute ist die Kirche Filiale von Vohenstrauß.

 

Die im Kern gotische Chorturmkirche liegt am Rand der Ortschaft innerhalb eines ummauerten Friedhofs. An beiden Seiten des Langhauses sind zur Stabilisierung der verformten Wände Strebenpfeiler angeordnet. An der Ostseite ist der quadratische Turm mit in der Mitte abgesetztem Spitzhelm mit dem Chor angegliedert. Die Sakristei ist in der Verlängerung des Turmes angesetzt und wurde 1964 neu gebaut. Die drei Baukörper sind unterschiedlichen Bauphasen zuzuordnen.

Überspannt wird das Kirchenschiff von einem gemauerten Tonnengewölbe mit Stichkappen und Gurtbögen auf Pilastern.

Die Einrichtung besteht aus volkstümlichen, barocken Altären um 1720. Der Hochaltar enthält eine Pietà, flankiert von den Seitenfiguren der hl. Antonius und Franziskus.

Die Seitenaltäre werden von Michael Kindl den hl. Isidor und Notburga zugeordnet.

 

Schwere Schäden an Dachhaut und Putzfassade sowie zahlreiche Vertikalrisse und Verformungen machten in den letzten Jahren eine weitgehende Sanierung der Kirche notwendig. Dabei entstand bei der Oberlinder Bevölkerung auch der Wunsch, bei dieser Gelegenheit das denkmalgeschützte Gebäude zu vergrößern. Nach teilweise konträrer Diskussion mit den Denkmalschutzbehörden wurde ein Anbau schließlich genehmigt. Die Kirche wurde im Jahr 2000 um ein Joch nach Westen verlängert, die Empore versetzt, Raumschale und Ausstattung restauriert und ein Kirchenvorplatz gestaltet.